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„Reiseabgabe“ – Soforthilfe für die Reisewirtschaft und Sicherheit für die Reisegäste

Seit Beginn der Coronakrise mache ich mir als Reiseveranstalter große Sorgen um unsere eigene Situation und die Branche insgesamt. Ich verfolge seit Wochen die Berichterstattungen und Diskussionen, die alle noch zu keiner Lösung geführt haben. Als Zusammenfassung der vielen Meinungen und Bedenken, Ideen und Vorschlägen habe ich ein Konzept entwickelt, das ich nachstehend kurz skizziere:

Dieses recht simple Modell könnte

  • die meisten Probleme der Anbieter/Veranstalter und Vermittler/Reisebüros lösen
  • berücksichtigt dabei auch die Interessen der Kunden
  • ohne die öffentliche Hand langfristig zu belasten

Die „Reiseabgabe“ für Reisen nach dem Pauschalreiserecht in Kombination mit einem Reisefonds.

  1. Teilnehmen können an dem System alle Anbieter, die zum 1. Mai 2020 bereits über einen gültigen Sicherungsschein verfügen.
    Das stellt sicher, dass nur Anbieter – unabhängig von Größe und Rechtsform – die bisher bereits ein Mindestmaß an finanzieller Stabilität belegen konnten, Teil des Systems werden. Andere Anbieter können später hinzukommen, wenn noch zu definierende Voraussetzungen erfüllt sind.
  2. Alle an dem System beteiligten Anbieter erhalten aus dem Reisefonds diejenigen Rückzahlungen an Kunden, die wegen coronoabedingter Reiseabsagen ausgezahlt worden sind, in voller Höhe erstattet.
    Freiwillige Gutscheine mit Bonus durch Anbieter bleiben möglich.
  3. Alle an dem System beteiligten Anbieter werden verpflichtet, vertraglich vereinbarte Provisionen aus coronabedingt abgesagten Reisen unverzüglich und vollständig an den Vertrieb / die RSB zu zahlen.
    Bereits vorgenommene Rückabbuchungen müssen erneut gezahlt werden. Die von den Anbietern zu zahlenden Provisionen werden durch den Reisefonds erstattet. Dieses Vorgehen stärkt die Liquidität des Vertriebs, ohne die der Anbieter zu belasten.
  4. Anbieter, die an dem System teilnehmen, erhalten einen einmaligen, pauschalen Liquiditätszuschuss aus dem Reisefonds.
    Dieser beträgt von 10 % ihres Umsatzes aus des Jahres 2019, der dem Pauschalreiserecht unterlag. Das soll sicherstellen, dass auch in den nächsten Wochen und Monaten trotz zu erwartender geringer Umsätze ein Mindestmaß an Liquidität vorhanden ist.
  5. Anbieter, die an dem System teilnehmen, können aus Mitteln des Reisefonds einen Kredit erhalten.
    Das gilt für Anbieter:
    – die wegen ihrer Rechtsform oder zurückhaltender Geschäftsbanken keine alternative Finanzierung erhalten
    – die wegen ihres Geschäftsmodells (Kundenstruktur oder Zielgebiet) auch nach dem 1. Juli 2020 nur begrenzt tätig werden können.
    Als Kreditbetrag können monatlich 2 % des Vorjahresumsatzes ausgezahlt werden, maximal auf 12 Monate begrenzt. Die Kredite werden mit 3 % verzinst und müssen binnen 10 Jahren zurückgezahlt werden.
  6. Für alle Reisen und Veranstaltungen, die ab dem 1. Juli 2020 nach dem Pauschalreiserecht, gebucht werden, muss der Reisegast eine „Reiseabgabe“ in Höhe von 5 % auf den Reisepreis zahlen.
    Im Gegenzug werden sämtliche Zahlungen des Kunden bei Insolvenz des Anbieters durch den Reisefonds abgesichert.
  7. Ab dem 1. Juli 2020 müssen alle Veranstalter bereits bei Buchung die vertraglich vereinbarten Provisionen vollständig an den Vertrieb / die RSB zahlen.
    Das wird die Liquidität des Vertriebs sehr rasch und nachhaltig stärken. Die VA können die Provisionen teilweise aus der Reiseabgabe der Kunden zahlen, da die Weitergabe der Reiseabgabe an den Reisefonds erst zum 31. März des Folgejahres fällig ist. Das reduziert das Problem des Liquiditätsabfluss der Anbieter durch vorgezogene Provisionszahlung.
  8. Das System der Sicherungsscheine wird zum 1. Juli 2020 durch den Reisefonds ersetzt.
    Die Versicherer müssen ihre bereits erhaltenen Prämien für Zeiträume nach dem 1. Juli 2020 in den Reisefonds einzahlen, im Gegenzug entfällt die Leistungspflicht bei Insolvenzen.
  9. Bei Insolvenzen von beteiligten Anbietern nach dem 1. Juli 2020 werden Zahlungen der Kunden aus dem Fonds befriedigt.
    Bis der Reisefonds über ausreichende Mittel verfügt, muss der Bund in Vorlage gehen oder entsprechende Sicherheiten garantieren.

Vorteile zusammengefasst:

  • Kunden erhalten auf Wunsch Anzahlungen sofort und vollständig zurück
  • Sofortige Stärkung der Liquidität des Vertriebs / RSB
  • Stärkung der Liquidität der Anbieter / VA
  • Deutliche Erhöhung der bisherigen Insolvenzversicherungssummen
  • Der Bund und damit Steuergelder werden nur am Anfang benötigt
  • Der stetige Zufluss durch die Reiseabgabe ermöglicht, die Vorleistungen des Bundes zurückzuzahlen
  • Mittelfristig trägt die Branche ihre Insolvenzabsicherung aus sich selbst heraus
  • Auch Spezialisten unter den Anbietern finde benötigte Hilfe

Erwartete Einwände:

Es ist mir vollkommen bewusst, dass dieses System letztendlich von den Reisenden finanziert wird. Die Reisenden sind jedoch die, die die Reisewirtschaft nutzen.

In der Kommunikation der Reiseabgabe sollte außerdem betont werden, dass Reisen im Gegensatz zu fast allen anderen Produkten und Dienstleistungen nicht der üblichen Umsatzsteuer unterliegen. Über die Margenbesteuerung enthält ein Reisepreis nur einen geringen Anteil an Umsatzsteuer. Wenn man die Reiseabgabe wie eine „Reiseumsatzsteuer“ sieht und erklärt, wird sie höchstwahrscheinlich leichter akzeptiert werden. Ich persönlich halte die fünfprozentige Reiseabgabe für gerechtfertigt, zielgerichtet und sinnvoll. Faire und funktionierende Alternativen zur Finanzierung des Reisefonds sehe ich nicht.

Augsburg, 7. Mai 2020 (aktualisiert 10. Mai 2020)

Holger Kähler
Gründer und Geschäftsführer von
videlis Seniorenreisen e.V.

Kontakt:
holger.kaehler@videlis.de
Telefon: 0821 / 74 27 76
Bürgermeister-Bohl-Straße 56
86157 Augsburg
www.videlis.de